2.2.4.8 Transparenz der OER-Produktion verbessern

Frage

Wie können Metadaten über die Herkunft und die Zusammensetzung von OER Materialien generiert werden?

Ein wesentlicher Vorteil von OER ist, dass sie – aufgrund ihrer offenen Lizenzierung – wiederverwendet, angepasst, vermischt und wiederveröffentlicht werden können. Ziel ist der Aufbau einer Kultur, in dem kollaborativ an der stetigen, schrittweisen Verbesserung von Materialien gearbeitet wird.

Dieser OER-Produktionsprozess sollte transparent gestaltet und über die Metadaten jederzeit die Herkunft zurückverfolgt werden können (siehe Herausforderung "Konsistenz der Metadaten beim OER-Remix sicherstellen"). Bei einem OER-Remix sollten zusätzlich die Referenzen auf das wiederverwendete Material mit angegeben werden (siehe Herausforderung "Transparenz und Qualität der OER-Wiederverwendung verbessern"). Die manuelle Erfassung dieser Provenance-Metadaten ist sehr aufwendig. Man kann aber versuchen, sie im Rahmen des Produktionsprozesses automatisiert zu generieren.

Klassische Autorensysteme (Word etc.) erzeugen meist zur Laufzeit das endgültige Artefakt, um eine Echtbilddarstellung (WYSIWYG) anbieten zu können. Abhängig von dem gewählten Ausgabeformat können darin auch Metadaten enthalten sein. Die Systeme stellen meist intern eine Bearbeitungshistorie zur Verfügung, so dass entsprechende Zeitpunkte für die Erstellung/Bearbeitung in den Metadaten hinterlegt werden können. Erfolgt zuvor eine Authentifizierung, dann könnte auch personenbezogene Informationen aus dem Benutzerprofil hinzugefügt werden. Bei einem OER-Remix wird das wiederverwendete Material importiert, der Link auf die Ressource muss aber zusätzlich in die Metadaten mit einfließen.

Ebenfalls existieren web-basierte Autorensysteme (moodle etc.), bei denen aktuell Inhalt und Darstellung der Materialien getrennt voneinander definiert wird, um jederzeit eine Änderung des Layouts unabhängig vom Inhalt vornehmen zu können. Durch Einsatz web-basierter Editoren kann trotzdem eine WYSIWYG-Darstellung im Browser angeboten werden, im Hintergrund wird der Inhalt aber getrennt vom Layout mit Hilfe einer Auszeichnungssprache (z. B. XML) abgelegt. Für die spätere Darstellung wird der Inhalt zur Laufzeit mit Hilfe einer Layoutvorlage in das gewünschte Ausgabeformat (z. B. HTML) transformiert. Auch bei diesem Ansatz müssen die Provenance-Metadaten von den Autorensystemen zur Verfügung gestellt werden, weil diese in der Regel kein darunterliegendes Versionierungssystem nutzen. Nur beim OER-Remix genügt hier die Angabe eines stabilen Links auf die Web-Ressource, die Auflösung und Attributierung wird automatisch bei der Transformation durchgeführt. Es existieren standardisierte Im-/Export-Formate für web-basierte Bildungsmaterialien, die auch einen Metadaten-Austausch vorsehen.

Sehr prominent sind momentan auch text-basierte Autorensysteme, bei denen der Inhalt zuerst textuell mit Hilfe einer Auszeichnungssprache (z. B. LaTeX, Markdown) erfasst und nachgelagert das endgültige Material (inkl. Metadaten) generiert wird.

Bei diesem Ansatz ergeben sich viele Parallelen zu Kultur und Prozessen in der Open Source Community. Das zentrale Werkzeug bei der Verwaltung von Artefakten im Rahmen des Entwicklungsprozesses ist die Versionsverwaltung. Git ermöglicht die Versionsverwaltung für textbasierte Ressourcen durch an verteilten Orten kollaborierender Personen. Auf Git aufsetzend ist ein ganzes Ökosystem weiterer Software entstanden, z. B. zur Erleichterung und Strukturierung gemeinsamer Arbeitsprozesse. Folgende Provenance-Metadaten können mit Hilfe eines Git-basierten Workflows automatisch zur Verfügung gestellt werden:

Fragen der Attribution (Wer hat was zu einer Ressource beigetragen?) werden bis hin zur Ebene einzelner Zeichen festgehalten, wobei dies auf die Angabe von Name und E-Mail beschränkt ist. Diese Zuweisung kann mittels digitaler GPG-Zertifikate zugesichert werden, die in einem dezentralen Netzwerk von Vertrauensstellungen ("Web of Trust") verwendet werden können.

Versionen und deren Verknüpfungen untereinander werden erfasst: Wann wurde von wem eine Version einer Ressource erstellt und auf Basis welcher Vorgängerversion.

An der Hamburg Open Online University wird seit Jahren dieser Git-basierte Ansatz verfolgt (siehe Blog) und auch die TIB (siehe Workshop) wirbt für diesen Ansatz im OER-Produktionsprozess.

Selbstverständlich bringt dieser Git-basierte Ansatz auch einige neue Herausforderungen mit sich:

  • So ist die Arbeit mit Textdateien vielen Lehrenden nicht vertraut, auch wenn z. B. Markdown eine niedrige Einstiegshürde bietet.
  • Der Generierungsprozess für die endgültigen Artefakte benötigt Ressourcen und Zeit, eine Echtbilddarstellung (WYSIWYG) kann dadurch nicht angeboten werden.
  • Zudem sind Werkzeuge wie Git für Menschen, die nicht bereits in der Softwareentwicklung damit arbeiten, zu komplex und nicht leicht zu erlernen.
  • Um zugesicherte Provenance-Metadaten zu erhalten, müssen für jede:n Akteur:in entsprechende digitale GPG-Zertifikate erstellt & verteilt und ggf. entsprechende Vertrauensstellungen aufgebaut werden.

Mögliche Lösungsansätze wären, leicht bedienbare browserbasierte Autorensysteme für Markdown/HTML zu entwickeln und die Komplexität von Git hinter einer leicht zugänglichen Oberfläche zu verbergen.