2.2.4.1 Kompetenzbasierte Lernprozesse unterstützen

Frage

Welchen Mehrwert können maschinenlesbare Kompetenzmodelle erzeugen?

Die Einführung der Kompetenzorientierung spiegelt die generelle Umstellung unseres Bildungssystems von der Input- zur Output-Orientierung wider.

Es geht nicht mehr um die Beschreibung von Lehrinhalten (“Input”), sondern vielmehr um das, was der Lernende am Ende einer Lerneinheit in der Lage ist zu tun (“Output”) - sowohl aus kognitiver Sicht (theoretische Kenntnisse), als auch aus funktionaler Sicht (deren praktische Umsetzung).

Hinweis

Generell unterteilt man die Kompetenzen in:

  • Fachkompetenzen (Mathematik, Deutsch, etc.) und
  • Fächerübergreifende/überfachliche Kompetenzen (Sprach, Medien- Demokratiebildung, Gesundheitsförderung, Gewaltprävention etc.).

Pro Bereich werden die Kompetenzen meist in einer Taxonomie hierarchisch eingruppiert, um ein Kompetenzstrukturmodell zu bilden.

Um Kompetenzen klassifizierbar (damit mess- und vergleichbar) zu machen, werden Kompetenzstufenmodelle entwickelt, die eine formale Beschreibung von Schüler:innenkompetenzen ermöglichen.

Im Schulbereich hat man sich z. B. auf ein 5-stufiges Kompetenzstufenmodell (Beispiel hier auf S. 6) geeinigt, da dieses zu anderen nationalen und internationalen Modellen vergleichbar ist. Die Kompetenzmodelle werden hier institutionell auf drei Ebenen erarbeitet:

  1. Die nationalen Bildungsstandards der KMK legen (auf Basis der mittleren Kompetenzstufe 3 = Regelstandard) fest, welche Kompetenzen Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen.
  2. Die Aufgabe der länderspezifischen Rahmenlehrplänen ist es, diese nationalen Vorgaben schulart- und jahrgangsstufenbezogen zu strukturieren, für die Anforderungssituationen im Unterricht aufzubereiten und länderspezifische Vorgaben zu ergänzen.
  3. Zum Schluss werden die mit dem Rahmenlehrplan und die mit dem jeweiligen Schulprogramm verbundenen Vorgaben in ein schlüssiges pädagogisches Handlungskonzept – das schulinterne Curriculum – überführt.

Natürlich ist es wünschenswert, auch Bildungsmaterialien auf Basis ihrer Metadaten diesen Kompetenzmodellen zuzuordnen. Als Beispiel kann hier der ISQ Kompetenzbrowser genannt werden, der bei Auswahl einer Kompetenz passendes Aufgabenmaterial aus dem ISQ VERA-Aufgabenpool anbietet.[1]

Der Kompetenzbezug in den Metadaten kann auf zwei Arten realisiert werden:

Dazu ist nur ein eindeutiger Identifier für die jeweilige Kompetenz erforderlich. Alle weiteren Detailinformationen müssen bei Bedarf aus dem Kompetenzmodell entnommen werden.
Der LOM-Standard sowie auch der LRMI-Standard sehen dafür entsprechende Beschreibungselemente vor, mit denen ein Referenzbezug zu einem Klassifikationssystem hergestellt werden kann. Beim LRMI-Standard wird dies sogar nochmal untersetzt: Je nach Beschreibungselement stellt die referenzierte Kompetenz eine Voraussetzung bzw. das eigentliche Lernziel für das zugehörigen Bildungsmaterial dar oder präsentiert das Kompetenzniveau, das mit dem zugehörigen Bildungsmaterial abgeprüft werden kann.

Dieser Ansatz wird z. B. beim Applikationsprofil LOM-CH mit einem dedizierten Beschreibungselement für Curricula verfolgt.
Einerseits stehen alle kompetenzbasierten Informationen ohne zusätzliche Abfrage des Kompetenzmodelles sofort zur Verfügung, andererseits müssen alle Metadaten immer dann aktualisiert werden, wenn am Kompetenzmodell Veränderungen vorgenommen werden.

Den entscheidenden Mehrwert erhält man aber erst, wenn nicht nur die einzelnen Kompetenzmodelle für sich spezifiziert werden, sondern auch ihre Beziehungen untereinander, um:

  • die Nachhaltigkeit von Metadaten zu verbessern, indem bei Aktualisierung von Kompetenzmodellen (Lehrplananpassungen) die Bezüge in den Metadaten unverändert bleiben und stattdessen die alten und neuen Kompetenzen der beiden Modelle miteinander verknüpft werden.
  • auch Materialien auch deren Beziehungen (und nicht nur einzelnen Kompetenzen) zuzuordnen. Als Beispiel kann hier die Curriculum-Plattform von Rheinland-Pfalz genannt werden, die bei Auswahl einer Fachkompetenz weitere überfachliche Kompetenzen inkl. Anmerkungen und Materialien anbietet.
  • den Suchkontext zu erweitern, indem man verknüpfte Kompetenzen (z. B. anderer Bundesländer oder des nationalen Bildungsstandards) ermitteln und das zugehörige Material bei der Suche mit einfließen lässt.

Dies setzt aber voraus, dass alle Kompetenzmodelle einheitlich spezifiziert und unabhängig von den Metadaten abrufbar sind.

Beispiel

Als erfolgreiche Beispiele dafür kann genannt werden:

  • Norwegen, die ihre Lehrpläne maschinenlesbar in unterschiedlichen Formaten zentral und mit freier Nutzungslizenz zur Verfügung stellen[2].
  • die europäische Klassifikation ESCO für Fähigkeiten, Qualifikationen und Berufe (Umfang: 2942 Berufe, 13485 Fähigkeiten und 9457 Qualifikationen aus 10 EU Ländern), die auf Basis des SKOS-Standards definiert wurde[3].
  1. Eine Anfrage über die Nachnutzbarkeit des Tools sowie des zugrundeliegenden Schemas läuft.
  2. https://www.udir.no/om-udir/data/kl06-grep
  3. https://ec.europa.eu/esco/resources/data/static/model/html/model.xhtml